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Nordstream 2 - Anschlag fand in einem von Gasgranaten verseuchten Gebiet statt.

Samstag, 4. März 2023 , von Freeman-Fortsetzung um 06:23

 



https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/nord-stream-anschlag-geschah-am-schlimmsten-ort-den-man-sich-vorstellen-kann-li.323438

Die Einwohner von Bornholm danken der dänische, norwegischen, schwedischen, deutschen, englischen und amerikanischen Regierung.....................

Nord Stream: Anschlag „geschah am schlimmsten Ort, den man sich vorstellen kann“

Die Explosionen von Nord Stream haben die Ostsee verseucht. Der Grund: In der Nähe lagerten die Überreste chemischer Kampfstoffe aus deutschen Beständen. 


Gas strömt aus einer durch eine Explosion beschädigte Nord-Stream-Pipeline.Dänisches Verteidigungsministerium

Die Explosionen von Nord Stream 1 und 2 in der Nähe von Bornholm im vergangenen September haben laut einer neuen Studie massive Schäden am Meeresboden in einem besonders gefährdeten Gebiet der Ostsee verursacht. Die vier Explosionen haben demnach 250.000 Tonnen kontaminierten Meeresboden aufgewühlt – eine Fläche, die doppelt so groß ist wie Bornholm. Ein Problem für das Ökosystem dürfte am Standort liegen, wo es zu den Explosionen kam: Diese ereigneten sich nämlich in der Nähe von Bereichen, in denen zu früheren Zeiten toxische Abfälle im Meer deponiert worden waren. Die Explosionen ereigneten sich in der Nähe einer bekannten Deponie für chemische Waffen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, wo im Jahr 1947 etwa 11.000 Tonnen chemischer Kampfstoffe (Chemical Warfare Agents, CWA) im Meer versenkt wurden, was zu Umweltbedenken hinsichtlich der Freisetzung von CWA geführt hat, so die Studie. Es gäbe verschiedene CWA-Rückstandsverbindungen, die entweder von Senfgas oder von auf Arsen basierenden CWAs herrühren.

Eigentlich hätten gemäß dem Genfer Protokoll von 1925 alle chemischen Kampfstoffe vernichtet werden müssen: „Die Deutschen haben ihre Chemiewaffen aus dem Ersten Weltkrieg nicht vernichtet, sondern gelagert. Sie sollten im Zweiten Weltkrieg in Leningrad eingesetzt werden. Doch dazu kam es nicht mehr,“ sagte der Leiter der Forschungsgruppe, Hans Sanderson vom Institut für Umweltwissenschaften der Universität Aarhus der Berliner Zeitung. 1947 oblag es der sowjetischen Armee, die Chemiewaffen zu entsorgen. Sie holten sich dazu arbeitslose Wehrmachtsoldaten und fuhren mit drei Schiffen aufs Meer. Eigentlich sollte die giftige Fracht in der Nordsee in der Nähe der Färöer-Inseln entsorgt werden. Doch als die Sowjets sahen, dass die Fracht zu schwer war, wurden die CMAs nahe Bornholm ins Meer gekippt.

Die Explosionen setzten nun laut der Studie Sedimente im Meeresboden frei, die diese giftigen Substanzen enthalten haben könnten. Dies könnte dazu geführt haben, dass möglicherweise mehrere Meerespopulationen vom Aussterben bedroht sind, darunter der Ostseekabeljau und Schweinswale, die beide Brutgebiete in der Nähe der Explosionszonen hatten.

Bo Øksnebjerg, der Generalsekretär des World Wide Fund for Nature (WWF), forderte die dänische und die schwedische Regierung auf, einen „Meeresplan“ auszuarbeiten, um sicherzustellen, dass die Ostsee vor künftigen Vorfällen dieser Größenordnung geschützt ist. Der Anschlag habe sich „wirklich am schlimmsten Ort“ ereignet, den man sich vorstellen könne: „Es ist eine Tragödie, dass dies genau hier passiert ist, wo die Natur bereits vollständig auf den Knien ist. Das ist ein weiterer Nagel am Sarg der Ostsee.“

Der Bericht ist die Arbeit von Forschern aus Dänemark, Deutschland und Polen. Sanderson sagte laut Copenhagen Post, der Anschlag könnte dazu führen, „dass Fische, die Substanzen wie Blei und TBT ausgesetzt waren, krank werden“. Einige würden sterben, andere würden Schwierigkeiten haben, sich fortzupflanzen, so Sanderson. Er stellt fest, dass der Schaden noch nicht endgültig abgeschätzt werden könne. Immerhin sei festzustellen, dass sich der Meeresboden etwa einen Monat nach den Explosionen beruhigt habe. 

Forscher schätzen, dass wahrscheinlich alle Schweinswale in einem Umkreis von vier Kilometern um die Explosionen durch die Druckwellen getötet wurden und dass alle Schweinswale in einem Umkreis von 50 Kilometern durch die Explosion taub geworden sein könnten. Wie viele Tiere von dem Anschlag betroffen sein könnte, könne man erst im kommenden Jahr sagen, sagte Sanderson der Berliner Zeitung. Für Menschen, die die betroffenen Fische essen, bestehe jedoch keine Gefahr, weil die Verseuchung für Menschen keine Lebensgefahr bedeute.

Als Reaktion auf den Bericht versprach der dänische Umweltminister, Magnus Heunicke, dass die Regierung „die Informationen kontinuierlich überwachen und mit unseren Nachbarländern rund um die Ostsee teilen wird, damit wir ein Gesamtbild der Folgen haben und diese im relevanten Umfang nachverfolgen können“.

„Es ist zutiefst besorgniserregend für die Ostsee, denn der Bericht zeigt, dass die Explosion den Zustand eines Meeresgebiets verschlechtert, das sich bereits in einem zutiefst ernsten und kritischen Zustand befindet“, sagte Maria Reumert Gjerding, die Leiterin von Dänemarks Naturschutzverband (Naturfredningsforening), dem dänischen Radiosender DR.

Hans Sanderson sieht die Verschmutzung der Ostsee mit alter Munition als ein Problem für die Zukunft an: „Wir beobachten die Kontamination seit Jahrzehnten, und wir müssen überlegen, was wir in Zukunft tun. Die Frage der Munition – konventionell oder chemisch – stellt sich bei jeder neuen Aktivität, bei der der Meeresboden in Unruhe versetzt wird. Das gilt für Pipelines, Windturbinen und Unterseekabel.“ Sanderson erzählt, dass das Problem bei chemischen Kampfstoffen darin bestehe, dass der Eisenmantel dünner sei. Daher seien die meisten CWAs bereits durchgerostet, die Schadstoffe befänden sich bereits auf dem Meeresboden. Ob der ganze Abfall geborgen und irgendwo sicher gelagert werden kann, sei eine Frage des Geldes. „In den 1980er-Jahren hat die deutsche Bundesregierung gesagt, dass sie die Finanzierung übernehmen wolle – schließlich war es ja deutsche Munition. Aber dann sind sie gekommen und haben einige Teile geborgen. Die mussten jedoch auf Bornholm zwischengelagert werden. Als die Bewohner sahen, dass da Soldaten mit Gasmasken kamen, gab es massiven Widerstand. Dann sind die Deutschen wieder abgezogen. Und seither liegt das Zeug in der Ostsee“, erzählt Sanderson: „Vielleicht wäre es am besten, man lässt es dort und wirbelt einfach nicht zu viel von der Oberfläche des Meeresbodens auf.“

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