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MESH - kommunizieren wenn nichts mehr geht

Donnerstag, 5. September 2019 , von Freeman-Fortsetzung um 08:00

Wegen der katastrophalen Zerstörung, die Hurrikan "Dorian" auf den Bahamas angerichtet hat, oder wegen der Proteste der Gelben Westen und die in Hong Kong, aber auch wegen der bevorstehenden Rezession und möglichen Zusammenbruch des Finanzsystems, möchte ich auf die Mesh-Messaging-Anwendungen hinweisen, die es Benutzern ermöglichen, in Kontakt zu bleiben, ohne das ein Mobilfunknetz, Wifi-Netz oder andere Art von Infrastruktur existiert, egal ob technisch ausgefallen oder von den Behörden ausgeschaltet ... und diese Anwendungen können nützlich sein, um in Kontakt zu bleiben.

Eine Mesh-App verbindet Handys über Bluetooth die in Reichweite sind

Jedes Smart-Phone besitzt drei technische Möglichkeiten, mit dem es sendet und empfängt. Via Mobilfunk, WIFI und Bluetooth. Eine Mesh- oder Off-the-Grid-Messaging-Anwendungen benutzt Bluetooth, um von Gerät zu Gerät zu kommunizieren, statt mit einem Mobilfunkmast oder einem WIFI-Router.


Die Mesh-Apps benutzen Bluetooth um mit anderen Smart-Phones in Verbindung zu stehen, um Nachrichten oder Daten auszutauschen. Der grosse Vorteil dabei ist, man benötigt keinerlei funktionierende Infrastruktur dafür, jeder der ein Telefon hat kann Nachrichten senden, empfangen oder als Übermittler dieser dienen.

Das Englische Wort "Mesh" bedeutet Geflecht oder Maschennetz und jedes Handy ist dann ein Knoten in diesem Netz. Es gibt nur einen Nachteil, die beschränkte Reichweite von Bluetooth von maximal 100 Metern. Deshalb ist eine wichtige Funktion einer Mesh-App, als Brücke zu dienen. So können Nachrichten über weite Distanzen gesendet und empfangen werden.

Die Daten werden von einem Handy zum anderen gesendet, die in Reichweite sind und so über ein lokales Netzwerk zum Empfänger gebracht. Der kann in der Nähe sein oder am anderen Ende der Stadt. Das Mesh funktioniert also am besten in Ballungsgebieten, wo viele Personen ein Smart-Phone und eine Mesh-App haben.

Beispiel, eine Naturkatastrophe ist passiert, es gibt keinen Strom und der Mobilfunk ist ausgefallen. Telefonieren und SMS sowie Internet funktionieren nicht. Nichts geht mehr. Man kann aber mit den Nachbarn, Freunden und Verwandten die in der Nähe sind trotzdem über das Mesh-Netz sich verbinden und Nachrichten austauschen.

Beispiel, man ist als Gruppe unterwegs, auf Reisen, auf einem Schiff, im Flugzeug, mit dem Fahrrad oder zu Fuss. Man ist im Ausland, Roaming zum lokalen Mobilfunkanbieter hat man nicht oder man befindet sich in einem Funkloch. Über eine Mesh-App auf dem Handy können die Mitglieder der Gruppe trotzdem kommunizieren.

Demo-Teilnehmer haben Handys und sind über Mesh verbunden

Beispiel, man nimmt an einer Demo teil, der Staat will dagegen vorgehen und schaltet das Mobilfunknetz aus oder blockiert das Internet, damit die Teilnehmer ihre Aktionen nicht absprechen und koordinieren können. Das Mesh-Netz hat den Vorteil, der Informationsaustausch untereinander kann trotzdem stattfinden, ohne staatlichen Eingriff.

Aus den Bahamas hören wir die Nachricht, weil der Hurrikan "Dorian" so brutal gewütet hat, werden viele Tote und Verletzte befürchtet, ein Grossteil der Häuser sind zerstört, weite Teile der Inseln stehen unter Wasser, es gibt kein Trinkwasser, keinen Strom und kein Mobilfunknetz. Die normalen Möglichkeiten zu kommunizieren gibt es nicht, man sitzt im Dunkeln.

Fast jeder der Überlebenden hat aber ein Handy mit hoffentlich geladener Batterie, die Menschen sind nicht weit voneinander entfernt, können über eine Mesh-App Hilferufe versenden, wichtige Informationen empfangen und mit Freunden und Verwandten in Verbindung bleiben. Das Handy aufladen kann man mit der Sonne.

Ladegerät macht Strom mit der Sonne

Es wird in Zukunft immer mehr Demonstrationen und sogar Aufstände geben, besonders wenn die Rezession greift und das Finanzsystem zusammenbricht. Die Menschen werden wütend auf die Strassen gehen und protestieren. Der Staat wird dagegen vorgehen und zu drastischen Massnahmen greifen. Mobilfunk und Internet wird regional abgeschaltet.

Auch in diesem Fall kann man diese Blockade der Kommunikation umgehen, in dem man ein Mesh-App verwendet und über die Versammlungsorte oder spontanen Aktionen informiert wird, ohne dass die Behörden das verhindern können.

Aber wie gesagt, es geht nicht nur darum, den Behörden einen Schritt voraus zu sein, um diese Mesh-Apps zu nutzen. Sie können auch wirklich praktisch sein, wenn man als Gruppe sich in einer Situation befindet, keinen Zugang zum Mobilfunknetz zu haben.

Naturkatastrophen habe ich erwähnt, wenn die Infrastruktur zerstört ist, aber auch wenn durch eine grosse Krise und Zusammenbruch des Staates diese nicht mehr funktioniert, oder man hat kein Geld mehr um die Rechnung des Mobilfunkanbieters zu bezahlen. In Verbindung bleiben und zu wissen was los ist, kann das Überleben ermöglichen.

Die Nutzung eines Mesh-Netz kostet nichts und funktioniert, sobald mindestens zwei Personen ein Handy haben und in Reichweite über Bluetooth sind. Je mehr am Peer-2-Peer-Netz teilnehmen je grösser wird der Kreis für den Nachrichtenaustausch und das völlig anonym.

Dann ist es nützlich wenn man als Gruppe Reisen unternimmt, bei einer Wanderung, einer Trekking-Expedition oder wenn man sich auf einer Insel, auf einem Kreuzfahrtschiff, im Flugzeug oder anderem Transportmittel, dass von der Aussenwelt abgeschnitten ist, sich befindet.

Man kann sogar mit Freunden und Familie bei Grossveranstaltungen, Konzerten, Festivals oder im Freizeitpark unter der Menschenmasse in Verbindung bleiben. "Hallo, ich sehe dich nicht mehr, wo bist du?"

Eine gute Mesh-App sollte folgende drei Möglichkeiten haben: Nachrichten nur an eine bestimmt Person zu schicken, an Mitglieder einer Gruppe und an alle Teilnehmer im Mesh-Netz. Eine Verschlüsselung der Datenübertragung sollte auch sein.

Eine Mesh-App die Verbreitung gefunden hat heisst "Bridgefy".

Hier ein Screen-Shot:


Ich erwähne diese nur als Beispiel.

Man sollte bevor man eine App installiert sich genau über die Vertraulichkeit, Funktionen und Zuverlässigkeit erkundigen.

So verlangen einige bei der Registrierung die Telefonnummer des Handys, was ich einen Widerspruch finde für eine Anwendung die eine Alternative zur herkömmlichen Kommunikation sein soll.

Wie "vertraulich" die IT-Konzerne die Benutzerdaten behandeln sieht man hier: "420 Millionen Telefonnummern von Facebook-Nutzern im Netz"

Vielleicht gibt es ASR-Leser die bereits Erfahrung mit einer Mesh-App haben und diese uns mitteilen können.

Was es noch als alternative Kommunikation über Handy ohne Netzbetreiber gibt heisst "goTennaMesh". Es ist ein kleines Zusatzgerät zum Handy:


Es ist aber nur für geschlossen Gruppen geeignet, die über eine grössere Strecke bis zu 6 Kilometer in Verbindung bleiben wollen.

Jeder Teilnehmer muss dieses Gerät bei sich haben denn es dient als Brücke zwischen den Handys. Ein Paar kostet 179 Dollar.

insgesamt 9 Kommentare:

  1. Unknown sagt:

    Interessant. Hab noch nie davon gehört. Werde mich umsehen was es da bereits am Markt gibt.

  1. Hans sagt:

    Die Telefonnummer muss man sicherlich angeben, dass jedes Gerät eindeutig zugeordnet und angesprochen werden kann.
    Nur so kann man das Telefonbuch / die Kontakteliste im Handy weiter nutzen.
    Richtig schön wäre es, wenn das Mesh neben Bluetooth noch GSM (direkt von Endgerät auf Endgerät) nutzen würde.
    Dann wäre die Reichweite deutlich erhöht.

  1. Es geht auch ohne Telefonnummer, die der APP-Entwickler nach der Registrierung an den Staat, Geheimdienste etc. weitergeben kann.

    Die App generiert bei der Installation eine einmalige Adresse, so wie eine IPV6. Man hat wohl nicht den "Komfort" einer automatischen Verbindung über die Kontaktliste, muss die gewünschten Teilnehmer selber zuordnen, aber dafür ist man anonym.

    Das Problem mit GSM direkt von Handy zu Handy (heisst LTE Direct) ist das Monopol der Frequenzspektren durch die Netzbetreiber, die entscheiden, ob sie den Geräten ihrer Nutzer die Verwendung erlauben. Wenn sie es erlauben, dann sicher nur gegen eine Gebühr.

  1. Davy sagt:

    Super ! Das ist ein äusserst lehrreicher Blog. Besten Dank und weiter so.

  1. Jolex sagt:

    Super sache. Bin oft im nicht EU Land. Da habe ich keine Daten. Wenn ich mal wieder an der Strandbar hocke kann ich meiner Frau unterm Sonnenschirm schreiben. Ich bin ja gleich zurück . Ohne 2 Inländische Karten kaufen zu müssen. Oder wenn man in 2 Autos unterwegs ist. Als Prepaidler spare ich gern meine Daten. Wo ich kann. Danke Freeman

  1. Arab4Justice sagt:

    Die App Briar scheint eine sichere Alternative zu sein die das Chatten sowohl über Bluetooth als auch WLAN ermöglicht.Es wird keine Telefonnummer zur Registrierung benötigt und somit auch keine Kontaktliste an einen zentralen Server hochgeladen.

  1. Unknown sagt:

    grossartiger Blog Freeman. Jeder Artikel bringt neue Aspekte, die sonst gar nicht oder selten angeboten werden. Vielen Dank für Deine Arbeit.

  1. Curious44 sagt:

    Hallo.
    Das ist eine sehr aufschlussreiche Information und ich würde gern eine von diesen Apps testen.
    Kann aber im APP-Store nichts finden. Kann mir jemand sagen, was ich ins Suchfeld eingeben soll ?

  1. toni sagt:

    https://www.forbes.com/sites/johnkoetsier/2019/09/02/hong-kong-protestors-using-mesh-messaging-app-china-cant-block-usage-up-3685/#187d91ee135a