Sie hätte viel zu erzählen, wenn sie es wollte. Sie möchte es gerne tun, wäre da nicht die Bitternis eines zu langen Abgangs, der in grossen Teilen missglückte.

In diesen Stunden ist Brigitte Hauser-Süess am Ende einer langen beruflichen Karriere in Bern wieder in ihrer zweiten Heimat im Oberwallis angekommen.

Sie, die immer schweigen musste, die oft nicht verstanden und falsch interpretiert wurde, „redet ununterbrochen“, berichtet als Augenzeugin Rebecca Schöpfer, Redaktorin beim „Walliser Bote“.

Hauser-Süess wurde oft als Rasputin von Bundesrätin Viola Amherd bezeichnet. Das ist zu wenig.

Sie war die enge Beraterin von Doris Leuthard in deren Zeit als Bundesrätin. Sie hat mitgehört und sicher auch mitgeredet, wenn es um die Abschaltung der Schweizer Kernkraftwerke ging.

Sie hatte zuvor die gleiche Rolle bei Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in deren Zeit als Bundesrätin.

Sie hat mitgehört und sicher auch mitgeredet, wenn es um die fehlgeschlagene Verteidigung des Schweizer Bankgeheimnisses ging.

Zuletzt zählte sie zu den engsten Vertrauten von Bundesrätin Viola Amherd. In dieser bedeutenden Rolle wurde sie zur Rasputina.

Denn niemand traut bis heute Viola Amherd zu, die ihr im Amt gestellten Herausforderungen allein bewältigen zu können.

Hauser-Süess war immer an der richtigen Stelle. Als junge CVP-Politikerin im Oberwallis machte sie rasch Karriere bis hinauf in das Präsidium der CVP Schweiz.

Sie war es, welche die junge Viola Amherd, 29jährig, als 38jährige Mentorin in die Oberwalliser Lokalpolitik einführte.

Ihre eigene politische Karriere brach zusammen, als sie, damals Präsidentin der CVP-Frauen Schweiz, zusammen mit der jugendlichen alt-Bundesrätin Ruth Metzler der Fristenlösung zum Durchbruch verhalf.

Im damals erzkatholischen Oberwallis bedeutete dies für sie im Jahr 1997 das politische Aus.

Aufgefangen wurde sie von Jean-Daniel Gerber, damals Direktor des Bundesamts für Flüchtlinge, der Hauser-Süess, die eigentlich eine Luzernerin war, zu seiner Kommunikationschefin machte.

Was war das Geheimnis ihrer Tätigkeit für vier prominente Bundesrätinnen, nur unterbrochen von einem Einsatz für alt-Bundesrat Christoph Blocher, den sie in guter Erinnerung hat, zu dem sie aber keine engere Beziehung aufbaute?

Rebecca Schläpfer berichtet: Sie gab Bundesrätinnen Tips, wie sie aufzutreten hatten, und bereitete alles minutiös vor.

Hauser-Süess soll, was sie nicht bestreitet, Viola Amherd beschützt oder gar ihr Wachhund gewesen sein.

Dieser berufliche Leistungsnachweis ist eigentlich mager und stellt auch die sehr hohen Berner Verwaltungs-Saläre infrage, die dort als selbstverständlich angesehen werden.

Doch 2024, das jetzt zu Ende gehende Jahr, war voller Angriffe gegen das Traumpaar aus dem Oberwallis.

Nicolas Perrin, zum Präsidenten der RUAG befördert, stellte sich als Schwager von Hauser-Süess heraus.

Perrin musste gehen, weil der beim Panzer-Deal den Bundesrat übergangen hatte. Dies obwohl, oder vielleicht gerade deshalb, weil sich Armee-Chefin Amherd für das Geschäft stark gemacht hatte.

Schliesslich das fast 100’000 Franken-Honorar für Hauser-Süess für drei Monate Zusatzarbeit an der Seite von Viola Amherd, mit welchem sie ihre Karriere nun zum Jahresende abschliesst.

Für einen Normalschweizer ein hübscher Zustupf. Für viele Schweizer ein zu grosser Zustupf.

Brigitte Hauser-Süess muss sich verteidigen. In ihren Augen alles ganz normal.

Sie, die einstige Schreibmaschinen-Lehrerin in Brig, wo sie Jahre später auch einmal Stadtpräsidentin war, machte eine klassische Tellerwäscher-Karriere.

Aber derlei kennt man im Oberwallis so wenig wie in der ganzen Schweiz. Erst recht nicht bei einer Frau.

Sie wird von der Familie aufgefangen. Ihr Mann war Polizist und arbeitet jetzt als Schreiner. Die Enkel sind schon Jugendliche.

Die ebenso berühmte wie berüchtigte Grossmutter hat die Innereien der Bundespolitik während Jahrzehnten erlebt und mitgestaltet.

Sie hofft darauf, ihre Meinung bald wieder öffentlich äussern zu dürfen.

„Ideen habe ich genug“, sagt dieser Walliser Rasputin, dem es, im Gegensatz zum echten Rasputin, immer wieder gelungen ist, seinen Hals aus der Schlinge zu ziehen.