Sudan - Bürgerkrieg, was hat das mit Coca Cola zu tun ?
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Was die Kämpfe im Sudan mit der Cola im Regal zu tun haben
Die brutalen Machtkämpfe im Sudan haben auch eine internationale wirtschaftliche Dimension. Fällt dort die Produktion von Gummiarabikum aus, sind weltweit viele bekannte Marken betroffen.
Es ist oft nur eine winzige Menge, doch für viele beliebte Produkte ist sie entscheidend: Gummiarabikum steckt in Erfrischungsgetränken, Schokoriegeln und Rotwein und könnte wegen des Sudan-Konflikts knapp werden.
Denn rund 80 Prozent des als Verdickungsmittel und Stabilisator genutzten Gummiarabikums weltweit kommt aus dem Sudan. Es handelt sich dabei um den Wundsaft von Akazienbäumen, der durch das Abschälen der Rinde gewonnen wird.
Viele bekannte Marken wie Coca-Cola, Pepsi und Mars sind auf den geschmacks- und geruchlosen, getrockneten Saft angewiesen und Ersatz ist nur in wenigen Fällen in ausreichendem Masse vorhanden. Auch in Kosmetika und pharmazeutischen Produkten wird der Rohstoff eingesetzt.
Transport und Export erschwert
Im Sudan tobt derzeit ein blutiger Machtkampf. Die Rivalität zwischen zwei Generälen des ostafrikanischen Landes hat bislang über 500 Todesopfer gefordert, Tausende von Verletzten hinterlassen und Zehntausende vertrieben. Die am 15. April im Sudan ausgebrochenen Kämpfe haben offenbar auch den Handel mit Rohgummiarabikum sowohl innerhalb des Sudans als auch über seine Grenzen hinweg eingefroren, die Preise sind bereits in die Höhe geschossen.
Sollte sich die Lage nicht beruhigen, könnte das im Laufe des Jahres für viele grosse Konzerne zum Problem werden. Unternehmen wie Coca-Cola, Pepsi und Mars haben sich bisher nicht zur Lage geäussert. Von Nestlé heisst es, man habe Vorkehrungen getroffen.
Die meisten Hersteller haben einen Vorrat von sechs bis zwölf Monaten auf Lager, so Martijn Bergkamp, Partner beim niederländischen Unternehmen Foga, das sudanesisches Gummiarabikum importiert und verarbeitet, im «Wall Street Journal». Akut muss also wohl kein Konzern die Produktion stoppen.
Doch wie es mit zukünftigen Lieferungen aussieht, ist unklar. Der Anbau ist im ländlichen Raum des ostafrikanischen Landes zwar noch wenig betroffen, aber die Produktionsstandorte rund um die Hauptstadt Khartum gehören zum besonders umkämpften Gebiet. Zudem ist Treibstoff knapp, Transport und Export dadurch erschwert. Die Hafenstadt Port Sudan, Drehkreuz für den Handel mit Gummiarabikum, ist aktuell vor allem zum Verteilort für Vertriebene des Konflikts geworden, die sich in Sicherheit bringen wollen.
Es gibt kaum Ersatz
Ersatz zu finden, ist ebenfalls schwierig. Tschad und Nigeria exportieren zwar auch Gummiarabikum, aber in deutlich geringeren Mengen. In manchen Produkten könne Pektin oder Maisfaser eingesetzt werden, doch das reiche nicht an den Nutzen von Gummiarabikum heran, so Experte Bergkamp.
Nach Angaben der Online-Plattform Observatory of Economic Complexity hatte der weltweite Handel mit Gummiarabikum im Jahr 2021 einen Wert von rund 363 Millionen US-Dollar. Allein die USA importierten im Jahr 2021 etwa 20'445 Tonnen der Substanz im Wert von rund 66 Millionen US-Dollar.
Dieser bedeutende Handelsumfang hat auch eine politische Dimension: Dass der Sudan einen so hohen Anteil des weltweiten Verbrauchs sichert, könnte mögliche Sanktionsdiskussionen erschweren.
Als die USA in den 1990er Jahren Handelsbeschränkungen gegen den Sudan verhängten, weil der damalige Staatschef Omar al-Bashir angeblich internationale Terrorgruppen, darunter Al-Qaida, unterstützte, schuf Präsident Bill Clinton ein Schlupfloch für Gummiarabikum.
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