Ralph Bosshard war hochrangiger OSZE-Mitarbeiter in Kiew. Die Schweiz sieht er auf dem Irrweg. Gefahr drohe unserem Land heute nicht aus Moskau, sondern aus Washington.
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Globalbridge.ch-Autor Ralph Bosshard im Interview mit der «Weltwoche»
(Red.) Die Schweizer Wochenzeitung «Die Weltwoche» hat mit Globalbridge.ch-Autor Ralph Bosshard ein Interview gemacht. Die Einleitung lautete: «Der ehemalige Oberstleutnant im Generalstab der Schweizer Armee ist ein ausgewiesener Kenner der Ukraine. Bei der Einrichtung der OSZE-Beobachtermission 2014 war Bosshard als Planungsoffizier tätig. Später dann als militärischer Sonderberater des Ständigen Vertreters der Schweiz bei der OSZE und des Schweizer Botschafters in Kiew.» – Die Fragen stellte Rafael Lutz.
Rafael Lutz: Herr Bosshard, die VBS-Spitzen plädieren für eine engere Kooperation mit der Nato. Steht ein Angriff Russlands bald vor der Tür?
Ralph Bosshard: Russland kann uns nicht angreifen, die NATO kann uns nicht verteidigen und die EU kann die Probleme Osteuropas nicht lösen. In ihrer Geschichte hat die NATO mehr Kriege begonnen als gewonnen.
Die Nato kann die Schweiz nicht verteidigen?
Ralph Bosshard: Ukrainische Soldaten beklagen sich über die realitätsferne Ausbildung bei der NATO, darüber berichtete etwa mein österreichischer Kollege Oberst Markus Reisner. In der Ukraine steht eine Armee den Russen gegenüber, die aus dem Westen Waffen und Munition in beinahe beliebigem Ausmass bezieht. Die Ukrainer werden von der NATO ausgebildet, sie erhalten massive nachrichtendienstliche Unterstützung und deren Operationen werden wohl auch von NATO-Offizieren mitgeplant. Und trotzdem kann die Ukraine ihre Ziele nicht erreichen. Das militärische Renommee der NATO ist spätestens seit August 2021 dahin und seither sind westliche Militärmissionen auch aus verschiedenen afrikanischen Ländern herausgeworfen worden. Russland hat dagegen in den vergangenen zwei Jahren enorme Erfahrungen in der Führung von Kampfhandlungen hoher Intensität gemacht.
Was bedeutet das aus einer Schweizer Sicht?
Ralph Bosshard: Für die Schweiz gilt es jetzt, die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Armee spricht viel von der Interoperabilität. Gemeint ist, dass die Armee künftig dem «Nato-Standard» entsprechen soll und stärker in das Bündnis integriert wird. Doch die Integration in eine Verteidigungsoperation der NATO in Mitteleuropa ist eine unzweckmässige Strategie für einen unwahrscheinlichen Fall. So etwas sollte man nicht üben. Das ist nicht die 8 Milliarden jährlich wert, auf die das Armeebudget angehoben werden soll.
Muss die Armee in Ihren Augen nicht gestärkt werden? Armeechef Thomas Süssli sagt, dass der Schweiz Ausrüstung und Waffen fehlten. Von den rund 100’000 Soldaten seien deshalb gerade einmal rund ein Drittel einsatzfähig.
Ralph Bosshard: Süssli will die Gunst der Stunde nutzen und eine möglichst starke Erhöhung des VBS-Budgets erreichen. Das ist billig und durchsichtig und wird sich langfristig rächen. Ich habe in Österreich beobachtet, wie man dort nach Februar 2022 auch von grossen Beschaffungsvorhaben sprach. Inzwischen sind bereits wieder Kürzungen vorgenommen worden. Das wird auch bei uns kommen. Und dann gibt es immer noch das Spannungsfeld zwischen Beschaffungs- und Betriebskosten. Es gab in der Vergangenheit schon Fälle, in denen der Bundesrat die Kosten senkte, weil der Betrieb der angekauften Geräte zu hoch wurde. Dann stellt sich die Frage, ob die Beschaffungen sinnvoll sind.
Süssli will künftig enger mit dem Bündnis zusammenspannen.
Ralph Bosshard: In der Schweiz scheint man zuweilen etwas blauäugig hinter der EU und NATO hinterherzurennen. Diese Organisationen werden überschätzt. In den vergangenen 25 Jahren habe ich die britische und russische Armee von innen erlebt. Nach meiner Ausbildung bei diversen Kommandostellen der NATO teile ich die Hochachtung für das Bündnis nicht mehr, die viele meiner ehemaligen Kameraden in der Schweiz nach wie vor empfinden.
Die Nato muss sich doch jetzt gegen Russland in Stellung bringen. Schliesslich ist Russland verantwortlich für das heutige Desaster in der Ukraine.
Ralph Bosshard: Das stimmt so nicht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj war es, der das Minsker Massnahmenpaket über den Haufen warf. Dieses sah einen Waffenstillstand vor und war dank der Resolution 2202 des UN-Sicherheitsrates seit 2015 völkerrechtlich bindend. Bundeskanzler Olaf Scholz kam die undankbare Aufgabe zu, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei seinem Besuch im Kreml Mitte Februar 2022 davon zu unterrichten, dass Kiew sich nicht mehr an die Verträge halten werde.
Warum soll das stimmen?
Ralph Bosshard: Das weiss ich aus verlässlichen Quellen. Tatsache ist: Scholz besuchte Selenskyj damals in Kiew, kurz bevor er nach Moskau weiterflog. Dass die Ukraine bezüglich der Einhaltung der Minsker Abkommen nichts unternahm, war zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls längst bekannt gewesen. Ob US-Präsident Joe Biden oder Selenskyj Scholz damit beauftragte, Putin diese beunruhigende Nachricht zu übermitteln, ist mir nicht klar. Kanzler Scholz wird sich dazu wohl ausschweigen und das Ganze nicht breittreten.
Das Auswärtige Amt sagt, dass Ihre Behauptung falsch sei. Scholz äusserte sich in einer Pressekonferenz mit Putin Mitte Februar 2022 sowie auch noch in einem separaten Statement zu den Minsker Abkommen. Dass die Ukraine zum damaligen Zeitpunkt beabsichtigt haben soll, dieses nicht mehr zu respektieren, wird nirgends ersichtlich.
Ralph Bosshard: Natürlich geht das nicht aus den Statements hervor. Scholz will sicherlich nicht breit-treten, wie man ihm zum zweiten Mal die Hosen herunterzog. Ein erstes Mal geschah dies, als ihn US-Präsident Joe Biden Anfang 2022 während eines Besuches des Bundeskanzlers vor den Augen der Weltöffentlichkeit desavouierte. Biden sagte damals bekanntlich, dass er Wege fände, die Nord-Stream-Pipelines zu sabotieren, sollte Russland die Ukraine angreifen. Der Rest ist Geschichte. Erwähnen muss man auch, dass Russland Ende 2021 Sicherheitsgarantieren von den USA verlangt hatte. Putin bestand darauf, dass die Nato die Ukraine nicht in das Bündnis aufnehme. Washington ging nicht darauf ein. Im Frühjahr 2022 war dann eine Zunahme der Waffenstillstandsverletzungen im Donbass-Gebiet zu beobachten. Die Ukraine war nicht mehr bereit, die Vereinbarungen zu akzeptieren.
Sie arbeiteten ab 2014 als militärischer Sonderberater des Ständigen Vertreters der Schweiz bei der OSZE und des Schweizer Botschafters in Kiew. Sie waren mitverantwortlich bei der Überwachung der Minsker-Abkommen. Verletzungen dagegen gab es doch stets von beiden Seiten?
Ralph Bosshard: Vom Februar 2015 bis August 2020 habe ich so gut wie jeden Tagesbericht der Sonderbeobachtungsmission der OSZE in der Ukraine gelesen und auch ausgewertet. Mit der Zeit konnte ich bis zu 40 Prozent der Waffenstillstandsverletzungen einer der beiden Konfliktparteien zuordnen. Dabei stellte sich heraus, dass die ukrainischen Regierungstruppen zu circa 40 bis 60 Prozent für die Verletzungen der Waffenruhe verantwortlich waren. Auch die Ukrainer behinderten die Beobachter der OSZE in ihrer Arbeit. Sie beschossen Patrouillen der Special Monitoring Mission (SMM) sowie Objekte der zivilen Infrastruktur, Wohngebiete und Schulen. Auch sie störten die Drohnen der OSZE und anderes mehr. Das konnten wir nachweisen. In solchen Fällen haben der damalige Generalsekretär Thomas Greminger und Botschafter Claude Wild auch bei der ukrainischen Delegation demarchiert. Dass die Ukraine das Minsker Massnahmenpaket nicht umsetzen wollte, sondern lieber auf einen besseren Dealhoffte, war mir schon lange klar.
Ihrer Logik nach reagierte Moskau mit seinem vernichtenden Angriff am 24. Februar also auf die jüngste Eskalation von Seiten der Ukraine, die wiederum vom Westen unterstützt wurde. Doch es ist doch nicht möglich, dass Moskau innert derart kurzer Zeit reagiert haben kann. Der Angriff war doch schon lange vorbereitet.
Ralph Bosshard: Ich habe Grund zur Vermutung, dass in Moskau der Entschluss zum massiven Angriff vom 24. Februar 2022 erst nach dem Besuch von Scholz in Moskau fiel. Dass die Russen eine Offensive innerhalb einer Woche vorbereiten können, habe ich an der Generalstabsakademie in Moskau miterlebt. Da geht es zügiger zu und her als in den Stäben der NATO und in der Schweiz, wo schon die Stufe Brigade eine Woche für eine Lagebeurteilung braucht.
Stichwort Schweiz: Wie erklären Sie sich, dass Bern keine eigenständige Aussenpolitik mehr betreibt und nach 2022 die Brüsseler Sanktionen gegen Russland tel quel übernommen hat?
Ralph Bosshard: Massiver Druck führte dazu, dass sich die Schweiz auf die Seite Kiews gestellt hat. Im Westen wollte man vorsorglich mögliche Umgehungswege für Sanktionen schliessen. Da ist es immer gut für das Renommee, wenn man die neutrale Schweiz im Boot hat. Das spürten wir schon, als die Schweiz sich aus dem Afghanistan-Einsatz zurückzog. Die NATO war damals sehr verärgert.
Kritiker würden Ihnen nun entgegnen, es gehe mit den Sanktionen doch darum, einen Aggressor nicht auch noch zu belohnen.
Ralph Bosshard: Der Bundesrat verhindert dadurch, dass die Schweiz für die systematische Umgehung von Sanktionen genutzt wird. Das ist sicher richtig. Alles andere würde unseren Ruf des Profiteurs und Geschäftemachers, den wir teilweise ohnehin schon haben, noch festigen. Aber es wäre gleichzeitig auch wichtig, dass der Bundesrat Grenzen setzt und der EU und den USA klipp und klar erklärt, wenn er bestimmte Sanktionen nicht mitträgt. Dass US-Botschafter Scott Miller und auch sein deutscher Kollege Michael Flügger in Bern den Auftrag haben, die Schweiz auf Spur zu halten, ist mir absolut klar. In der westlichen Diplomatie gilt die Schweizer Politikelite als schwach. Auch dieses Klischee sollten wir nicht noch verstärken. Ich habe den Auswärtigen Dienst der EU kennengelernt: Ils sont forts avec les faibles.
Gerade in der Diplomatie geriet die Schweiz zuletzt auch stark unter Druck. Auch von den USA?
Ralph Bosshard: Ich weiss, dass die US-Botschaft schon mehrfach auf hochrangige Mitarbeiter des Aussendepartements (EDA) einwirkte. Etwa um zu verhindern, dass hochrangige Schweizer Vertreter zur Moskauer Sicherheitskonferenz reisten. Die höchsten Vertreter, die ich dort sah, waren Botschafter Christian Catrina von der Sicherheitspolitik V und einmal seinen Stellvertreter Bruno Rösli. Ansonsten soll maximal der Verteidigungsattaché dabei sein. In solchen Fällen wird auch schon mal zum Telefon gegriffen.
Anders sieht es bei Veranstaltungen aus, wo die USA die Führung haben.
Ralph Bosshard: Die eigenen Veranstaltungen müssen durch möglichst hochrangige Beamte besucht werden. Das ist für die USA umgekehrt wiederum sehr wichtig. An einer Münchner Sicherheitskonferenz soll bitte ein Bundesrat teilnehmen, oder zumindest ein Staatssekretär.
Diese Power-Play-Spielchen gehören doch zum Alltag auf dem diplomatischen Parkett.
Ralph Bosshard: Der US-Botschafter in Österreich trat auch einmal bei der österreichischen Aussenministerin Karin Kneissl auf, um sie nachdrücklich daran zu erinnern, in welchem Lager Österreich stehe. Das fand ich dann etwas grob. Das zeigt aber, wie weit US-Diplomaten bereit sind zu gehen.
Wie erlebten Sie die US-Einflussnahme während ihrer Zeit bei der OSZE. Gab es auch damals Einflussversuche von Seiten der USA?
Ralph Bosshard: Eine neutrale, unabhängige Sicht schätzen die USA nicht. Das bekam ich auch zu spüren während meiner Zeit bei der OSZE, wo die Schweiz 2014 unter Aussenminister Didier Burkhalter den Vorsitz innehatte. Im Ständigen Rat gaben wir jeden Donnerstag ein Statement zur aktuellen Konflikt-Lage ab. Ein Mitarbeiter der US-Botschaft rief mich in dieser Zeit mehrmals an. Er wollte, dass die Schweiz ihre Äusserungen mit den restlichen westlichen Staaten koordiniere. In anderen Worten: Er wollte uns vorschreiben, was wir zu sagen und zu lassen haben.
Washingtons interessiert sich wohl kaum für Schweizer Interessen.
Ralph Bosshard: Damals fragte mich ein US-Diplomat auch einmal, auf welcher Seite wir Schweizer eigentlich stünden. Ich antwortete ihm, auf der schweizerischen. Das versteht er wohl bis heute nicht. Die US-Politeliten sähen es am liebsten, wenn wir demütig vor ihnen auf die Knie gingen. Claude Wild, der damals ständiger Vertreter der Schweiz bei der OSZE war, verfolgte noch eine selbstständige Linie. Das gefiel den Amerikanern ganz und gar nicht.
Als Botschafter in Kiew, der Wild bis 2023 noch war, machte er zuletzt aber einen weniger neutralen Eindruck. Mehrfach stellte er sich hinter Selenskyj.
Ralph Bosshard: Als Claude Wild seinen Dienst als Ständiger Vertreter der Schweiz bei der OSZE in Wien antrat, wünschte der russische Botschafter Alexander Lukaschewitsch mit ihm wöchentlich ein einstündiges Gespräch über aktuelle politische Fragen zu führen. So gross war die Wertschätzung für ein neutrales, ungebundenes Land. Schon Thomas Greminger hatte nach seiner Zeit als Vorsitzender des Ständigen Rats solche Gespräche geführt. Heute ist Greminger als Direktor des Genfer Zentrums für Sicherheitspolitik (GCSP), das dem EDA unterstellt ist, weisungsgebunden. Das Gleiche gilt für Botschafter Wild. Beide haben die Instruktionen von Ignazio Cassis umzusetzen. Der Departemensvorsteher wiederum orientiert sich an Brüssel.
Wie schätzen Sie die Rolle der Schweizer Nachrichtendienste ein? Und wie gut sind dessen Einschätzungen etwa zur Ukraine?
Ralph Bosshard: Mir scheint, dass sich die Schweizer Nachrichtendienste stark auf die Informationen von den Partnerdiensten verlassen. Einzelne von ihnen, etwa der britische Geheimdienst, verlassen sich wiederum stark auf ukrainische Quellen, dies zumindest ist mein Eindruck. Das äusserte sich zum Beispiel darin, dass sie teilweise ungefiltert ukrainische Schreibweisen übernahmen.
Wie schätzten Sie die Nachrichtendienste ein, als sie noch aktiv waren. Waren Sie hilfreich?
Ralph Bosshard: In den insgesamt sieben Jahren, die ich als Chef der Operationsplanung im Führungsstab der Armee und im Stab Operative Schulung eingesetzt war, kann ich mich nur an zwei Dokumente aus der Feder des NDB erinnern, die in meiner Arbeit von praktischem Nutzen gewesen wären. Ich gehe nicht davon aus, dass der NDB und der Militärische Nachrichtendienst (MND) eine starke eigene Kapazität zur Lagebeurteilung in Bezug auf die Ukraine und auf Russland haben.
Heute kommt es auch schon einmal vor, dass Menschen oder Zeitungen, die sich die Neutralität auf die Fahne geschrieben haben, auf den Radar der Geheimdienste gelangen.
Ralph Bosshard: Genau dies ist der Zeitung «Zeitfragen» passiert. Sie war ins Visier des NDB geraten, weil sie Scott Ritter zu einem Vortrag eingeladen hatte. Interessant fand ich die Begleitnotiz zum internen Bericht des NDB in diesem Zusammenhang, der mir vor einigen Monaten zugespielt wurde. Darin steht, der NDB bewege sich ausserhalb seines gesetzlichen Auftrags und stehe ganz im Dienst der «NATO-Desinformation». Offenbar war dem betreffenden Mitarbeiter unwohl in seiner Rolle als Meinungspolizei. Nach Lage der Dinge kann diese Begleitnotiz nur von einem anonym bleibenden Mitarbeiter des NDB stammen und sie ist höchst aufschlussreich.
Wie stehen Sie zur Neutralitätsinitiative, die eine bewaffnete und immerwährende Neutralität fordert und Sanktionsmassnahmen verbieten soll.
Ralph Bosshard: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist diese Initiative Gold wert, zeigt sie doch im Ausland auf, dass die Schweiz nicht alles mit sich machen lässt. Bundesräte wechseln das Departement und gehen wieder in den Ruhestand, aber es gibt Konstanten in der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik. Sie führt hoffentlich auch dazu, dass die Damen und Herren Botschafter etwas weniger im Bundeshaus-West antichambrieren. Wirtschaftssanktionen sind das Mittel des wirtschaftlich Stärkeren gegen den Schwächeren und damit letzten Endes auch ein Ausdruck des Faustrechts in den internationalen Beziehungen. Das möchten wir ja genau nicht mehr haben. Wirtschafssanktionen waren ursprünglich auch einmal dem Völkerbund und später dem UN-Sicherheitsrat vorbehalten. Heute aber machen die USA und die EU was sie wollen. Das ist problematisch. Hier sollten wir zusehen, dass keine Präzedenzfälle entstehen.
Haben Sie nach wie vor Kontakte nach Russland?
Ralph Bosshard: Aus den Jahren 2013 bis 2022 habe ich noch zahlreiche Kontakte in die Streitkräfte, Nachrichtendienste und Aussenministerien mehrerer Staaten der ehemaligen Sowjetunion und auch einzelner westlicher Länder. Das umfasst auch Kontaktpersonen in den ukrainischen Streitkräften, welche die Rolle der Regierung Selenskyj übrigens kritischer sehen als wir hier. Ich fühle mich den Menschen im Donbass gegenüber verpflichtet, von denen viele mit den westlichen Werten, welche in ihren Städten und Dörfern angeblich verteidigt werden, nicht viel anfangen können. Manche davon haben ihre Freiheit und Gesundheit riskiert, um mit mir zu sprechen.
Das Interview erschien in leicht gekürzter Form – unter der Headline «Schweizer Politik-Elite gilt als schwach» – am 11. April 2024 in der «Weltwoche»
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