CS hatte 24 Milliarden Dollar offen bei Archegos
Mehr als das halbe Eigenkapital aufs Spiel gesetzt für einen Vorbestraften, ganze Geschäftsleitung wusste von nichts: Kein Wunder, ging Bank unter.
https://insideparadeplatz.ch/2023/07/25/cs-hatte-24-milliarden-offen-bei-archegos/
Die Credit Suisse war im Frühling 2021 faktisch am Boden, niedergestreckt durch die zwei Hammerschläge Greensill und Archegos. Der Rest bis März 2023 war Siechtum.
Die nun verfügten Strafen über 388 Millionen Dollar im Fall Archegos, einem New Yorker Hedgefund eines zweifach vorbestraften Südkoreaners, zeigen exemplarisch, woran die CS scheiterte.
Die gesamte oberste Führung mit Steuerleuten, die bis zu 10 Millionen im Jahr einsackten, wusste nichts davon, dass ihr Unternehmen mehr als die Hälfte des eigenen Kapitals aufs Spiel setzte.
Dies mit einem einzigen Kunden, mit dem die CS im letzten Jahr von Archegos gerade mal 17,5 Millionen Dollar umsetzte.
24 Milliarden Dollar Kredit hatte die Paradeplatz-Bank gegenüber dem Super-Spekulanten zur Zeit des Kollapses offen, das bei einem Eigenkapital von gut 40 Milliarden Franken.
Verwaltungsrat, CEO, Konzernleitungs-Mitglieder, Chefs des Investment Bankings, oberste Risk- und Compliance-Verantwortliche, sie alle hatten keinen blassen Schimmer vom gigantischen Risiko.
Als Ende März vor 2 Jahren der Hedgefund die Margincalls nicht leisten konnte, musste die CS in höchster Not die als Sicherheit für ihre Kredite aufgebauten Aktienpositionen über Nacht liquidieren.
Die CS erlitt dadurch 5 Milliarden Dollar Verluste, dies, nachdem sich kurz zuvor die Greensill-Lieferkettenfonds als Kartenhaus entpuppt hatten.
Der Verwaltungsrat unter Präsident Urs Rohner, der damals in seinen letzten Wochen nach 10 Jahren Kapitänsbrücke stand, war komplett überfordert, rief Krisen-Komitees ins Leben, begann zu hyperventilieren.
Die Ironie: Urs Rohner, bekannter Movie-Liebhaber, der gerne Drehbuch-Autor geworden wäre, nannte einst „Margin Call“ seinen Lieblings-Film.
Im echten Leben erkannte Rohner nichts. Null, nada. Er hatte jeglichen Überblick über das ihm anvertraute Reich verloren.
Wie sehr, das zeigt ein Ausschnitt aus der Finma-Pressemitteilung von gestern zu den Bussen und Auflagen, welche nun die CS-Nachfolgerin UBS treffen.
„Zwei Wochen vor dem Kollaps von Archegos wiesen deren Positionen noch einen hohen Wert auf“, schreibt die Schweizer Aufsicht. Und fährt fort:
„Archegos verlangte deshalb von der Credit Suisse die Auszahlung von 2,4 Milliarden US-Dollar. Die Bank zahlte diesen Betrag gestützt auf den Vertrag mit Archegos aus.“
„Zwar gingen gewisse Mitarbeitende davon aus, dass die Bank vertraglich dazu verpflichtet gewesen war, diese Auszahlungen zu tätigen.“
„Es liegen aber keine Hinweise vor, wonach die Bank intern tatsächlich geprüft hat, diese Auszahlungen nicht vornehmen zu müssen oder in Erwägung gezogen hat, diese bis zur Leistung von zusätzlichen Sicherheiten auszusetzen oder mit solchen zu verrechnen, um die eigenen Risiken zu minimieren.“
Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen.
Die Bank, die soeben durch den Greensill-Milliarden-Schlag auf die Knie gesunken ist, überweist einem Vorbestraften 14 Tage vor dessen eigenem Fall Cash in Milliardenhöhe.
Statt sich mit dem Geld selber schadlos zu halten.
Umgekehrt gab’s viel Bonus.
Im 2020 belohnte die CS ihre Mitglieder der Konzernleitung trotz den kurz nach dem Jahresabschluss explodierenden Archegos und Greensill mit erstaunlichen 68 Millionen Franken.
Das waren nur gerade 12 Prozent weniger als im 2019, als die oberste operative Führungscrew der Bank 77 Millionen einkassiert hatte.
CEO Thomas Gottstein kriegte allein 8,5 Millionen Franken, für Präsident Urs Rohner blieben 4,7 Millionen, beides ausgewiesen im Vergütungsbericht 2020.
2021 zeigte die CS dann für Thomas Gottstein ganz andere Zahlen. Tiefere, allerdings lagen auch diese immer noch im mittleren siebenstelligen Bereich.
Ebenfalls reduzierte die Bank im Geschäftsbericht 2021 die ein Jahr zuvor ausgewiesenen 8,5 Millionen im Nachhinein; neu war die Rede von noch 6,5 Millionen im 2020 für Gottstein.
Und noch etwas „bastelten“ die Zuständigen: Sie unterschieden erstmals zwischen „CEO awarded compensation und „CEO realized compensation“.
Sprich: Was hatte das Paket des obersten Chefs für einen Wert bei der Zuteilung der variablen Boni, und was blieb ihm davon im Moment, ab er über die CS-Aktien und anderen variablen Papiere frei verfügen konnte.
Trotz den Verrenkungen blieben es mehrere Millionen sowohl für CEO Gottstein als auch für Präsident Rohner – und das für folgende Leistung:
Sie liessen zu, dass Archegos, biblisch jener, der den Gläubigen den Weg ins Glück zeigt, vom Schweizer Finanzmulti noch dann einen neunstelligen Betrag erhielt, als der Hedgefund kurz vor dem Kollaps stand.
Das muss man erst einmal schaffen.
Statt die Verantwortlichen aber hart anzupacken, belassen es die Aufseher bei Bussen. Die bezahlen nun die UBS-Aktionäre.
Sprich: Rohner & Co. spüren nichts von ihrem kolossalen Versagen.
Umgekehrt Bill Hwang. Die US-Justiz zerrte den Milliarden-Pleitier zusammen mit dessen Ex-Finanzchef vor den Richter – nur ein Jahr nach dem Kollaps.
„The house of cards could only be sustained if that cycle of deceptive trading, lies and buying power continued uninterrupted“, sagte der Zuständige der US-Börsenaufsicht in einem Statement.
„Once Archegos’s buying power was exhausted and stock prices fell, the entire structure collapsed, allegedly leaving Archegos’s counterparties billions in trading losses.“
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